Ankunft Bilbao.
Sven gelingt es, unsere Pappen am Lufthansa-Schalter unterzubringen und wir starten bei 18 Grad, keine Sonne zu sehen. Wir stellen fest, dass wir uns demnächst um Mitbringsel kümmern müssen, damit wir nicht wieder in den kleinen Flughafen-Shop einfallen müssen. Die Strecke um den Flughafen herum kennen wir schon vom letzten Jahr.
Dann weiter in Richtung Santander. Die Brücke über den Fluss dürfen wir nicht benutzen, deshalb zurück Richtung Bilbao. Die zweite Brücke entpuppt sich als U-Bahn, deshalb müssen wir weitere 5 km zurück nach Bilbao. Nach anfänglicher Orientierungslosigkeit finden wir die richtige Ausfallstraße und es kann losgehen. Gegen Mittag kreuzt ein Radfahrweg unsere Straße und wir folgen ihm bis an den Strand. Er ist ausgebaut und beschildert wie eine richtige Straße, aber eben nur für Fahrräder. Es gibt sogar einen richtigen Rastplatz, natürlich einen Kilometer vorher per Schild angekündigt.
Erste Übernachtung in Castro Urdiales.
Wir fahren einmal die Promenade rauf und runter und finden ganze zwei Hotels. Das Hotel direkt am Strand ist leider genauso ausgebucht, wie das andere. Der frontdeskman vom Strandhotel empfiehlt uns ein Hotel weiter am Ortseingang, das sich als ganz o.k. entpuppt.
Auf der Suche nach einem Restaurant nehmen wir einen Drink in einer Bar und lernen ein Ehepaar kennen, sie Deutsche, er Spanier. Seine Tipps für die nächste Etappe: Steigungen von 14% sind zu erwarten (war Unsinn) und eine Fähre bei Loredo (guter Tipp). Gegessen haben wir dann in dem Strandhotel (ziemlich teuer, aber auch gut) im 1. Stock mit herrlichem Blick über die Bucht. Wir sind gerade fertig, da kommt der S. mit seiner Frau, die ein Zimmer in diesem Hotel gebucht haben. Ein paar nette Worte, dann ist der Abend vorbei. Eigentlich wollten wir noch nach Mitbringseln suchen, aber wir haben ja noch viel Zeit.
Am nächsten Morgen Start Richtung Santander. Die Wetterlage ist immer noch sehr gemischt. Die Sonne ist immer noch nicht zu sehen, aber heute nieselt es auch noch. Viele Steigungen, aber alle ganz gut zu bewältigen (7 – 9 %). Während der Fahrt haben wir trotz des Schmuddelwetters einen super Blick auf den Atlantik. Nach 12 km treffen wir zwei junge deutsche Radfahrer, die ihre Fahrräder den Berg hochschieben. Sie sind auch in Bilbao gestartet, jedoch schon am Freitag bei 30 Grad Hitze. Kein Wunder, dass sie noch nicht weiter gekommen sind, wenn sie ihre Fahrräder schieben.
An den Nieselregen haben wir uns gewöhnt und sind mit den Gamaschen und Regenklamotten bestens angezogen und freuen uns eigentlich, dass wir nicht bei 30 Grad die Berge hoch strampeln müssen.
Wir fahren nach Loredo rein, eine ca. 4 km lange Landzunge endet auf einem Parkplatz mit einem Restaurant. Dort fragen wir nach der Fähre und der Kellner erzählt in gebrochenem Englisch irgend etwas von ‚Zum Strand gehen und sehen‘. Tatsächlich schieben wir unsere Fahrräder über einen Sandweg direkt auf den Strand. Dort warten 3 rote Plastiksitze, auf denen das Wort ‚Fähre‘ steht. Nach etwa 10 Minuten hat uns der ferryman am gegenüberliegenden Ufer gesehen und kommt tatsächlich zu unserem Strand. Über einen schmalen Holzsteg, den der Skipper vom Bug auf den Strand geschoben hat, laden wir unsere Fahrräder ein.
Die Bucht von Santander kann man auch mit einer Fähre überbrücken, aber wir entscheiden uns für den längeren Weg. Wir müssen ja unsere 100 km voll bekommen und wollen in Santander bleiben. Bei der Touristinfo lassen wir uns durch zwei junge Mädchen erklären, wo wir den nächsten McDoof finden und radeln tatsächlich die 4 km wieder zurück, um festzustellen, dass ausgerechnet dieser McDoof keine milkshakes hat. Die Mädchen bringen den Spruch des Tages, als sie uns in voller Fahrradmontur, die Fahrräder direkt im Blick, erklären, wir könnten auch mit der Bahn zu McDoof fahren. Anhand der Hotelkarte haben wir uns ein Hotel direkt am Bahnhof ausgesucht, in dem sich ein mexikanisches Restaurant befindet, das leider nicht geöffnet war. Später haben wir erfahren (durch den S.), dass wir durch einen Tunnel auf die andere, viel schönere Seite der Innenstadt gelangt wären. Nach wiederum langer Restaurantsuche sind wir in einer Tapas-Bar gelandet, die von der Atmosphäre, den Speisen und dem Essen nicht zu übertreffen waren (Käseplatte mit Rotwein). Somit hat sich die lange Suche gelohnt. Selbst Svens Spanischkenntnisse haben nicht ganz ausgereicht, die rein spanische Speisekarte zu übersetzen. Schon mal Ausschau gehalten nach Mitbringseln, aber nicht das Richtige gefunden.
Am nächsten Morgen starten wir bei bedecktem Himmel, aber ohne Regen und haben Probleme, die richtige Straße zu finden. Nachdem wir dreimal die Autostrada gekreuzt haben und 5 km unnötig bergauf und –ab gefahren sind, geht es über Santillana (alte Stadt mit Kopfsteinpflaster aus der römischen Zeit (laut dem S.)) und San Vicente nach Llanes. Die Strecke ist wunderschön: Rechts der Atlantik, links die hohen Berge, teilweise mit Schnee bedeckt. Erwähnenswert ist die Abfahrt nach San Vicente. 20 km vor Llanes ist die Nebenstrecke vorbei und wir müssen auf die Hauptstraße wechseln. Der LKW-Verkehr ist enorm, dafür sind die Steigungen nicht mehr so extrem. Am Etappenziel fahren wir nach Llanes, die Stadt der Würfel. Bunte Riesenwürfel als Wellenbrecher im Hafen, auf die Spitze gestellt als Infowürfel, aber auch beim Bäcker und Juwelier, bei dem wir gleich nach Mitbringseln Ausschau halten, sind überall die Würfelmotive zu sehen.
Plötzlich reißt der Himmel auf. Wir genehmigen uns ein Nickerchen in Stadtzentrum. Die Restaurantsuche gestaltet sich wieder langwierig, dann Italiener gewählt, da dieser einen wunderschönen Blick auf den Fluss hat, der durch die Stadt läuft. Am Morgen ist unsere Rezeption nicht besetzt und wir gehen im Ort gemütlich frühstücken. Per Telefon holen wir den Hotelheini aus dem Bett und wir können starten.
Der Tag bringt uns voll die Sonne und Rückenwind. Bis Villaviciosa können wir ca. 70 km auf der Nebenstrecke fahren, die nicht so große Höhenschwankungen hat, wie wir befürchtet haben. Dann beginnt unsere Bergetappe mit einem satten Aufstieg von 5 km und weiteren 15 km mit gut anstrengendem Auf und Ab, bis wir bei vollem Tempo nach Gijón einlaufen. Auf der Ostseite der Stadt ist ein langgezogener Strand, jedoch ohne Cafés (wahrscheinlich zu windig). Wir fahren bis zur Spitze (Altstadt) und finden dort ein Hotel über einer Cidreria in einem uralten Haus. Von dort gehen wir auf die Westseite der Stadt, wo es rund um den Yachthafen Cafés, Bars und Bäckereien gibt, die wir natürlich ausprobieren müssen. Auf dem Rückweg suchen wir schon mal nach Mitbringseln. Auf der Suche nach dem perfekten Restaurant landen wir wieder bei einem Italiener, diesmal mit uruguayanischer Bedienung. Um 21.45 Uhr ist das Lokal noch völlig leer, bis auf ein Pärchen (natürlich Deutsche), aber ab 22 Uhr füllt es sich und um 23 Uhr brummt der Laden. Wir verabschieden uns in Richtung Hotel und kehren in eine Cidreria ein und bestellen dort – peinlich, peinlich – zwei Glas Cidre. Nachdem wir uns dann für eine Flasche entschieden hatten, zeigte uns der Barkeeper die hohe Kunst des Eingießens. Da wussten wir, warum der ganze Laden nach Cidre stank. Übrigens kostete die Flasche – inklusive Einschenken – 2,45 Euro, also abgerundet 2 Euro.
Bei weiterhin super Wetter fahren wir über die bestens ausgeschilderte AS 19 aus Gijón heraus. Bei Avilés sind wir wieder auf der Hauptstraße N 632 und werden sofort von der Guardia Civil gestoppt: Keine Helme. Sven stellt sich doof, glaubt mit seinen blonden Haaren mit der Taktik durchzukommen. Der Polizist ist aber guter Pantomime und macht uns klar, dass ohne Helm nur Laufen die Alternative ist. Dann nennt er noch irgendeine Zahl auf spanisch mit dem Wort Euro folgend. Wir warten, bis die Polizisten weg sind und fahren ohne Helme weiter. Sven stellt fest, dass wir bisher durchschnittlich alle 3800 km von der Polizei belästigt wurden, so dass bis zur nächsten Kontrolle noch 8 Jahre vergehen werden. Gegen Mittag stellen wir fest, dass wir noch nicht gefrühstückt haben und wollen gerade die nächste Rast planen, als auf der Kreuzung neben uns ein Auto hupt und anhält. Es ist der S. mit seiner Frau. Herzliche Wiedersehensfreude. Es sind wahrscheinlich zurzeit die einzigen Menschen, die wir in Spanien kennen. Der Halt auf der Kreuzung bringt wieder die Guardia Civil auf den Plan, die aber durch den spanischen S. beruhigt werden können. Wir verabreden uns zur gemeinsamen Pause im nächsten Ort: Cudillero. Das ist ein fataler Fehler: Was wir auf der Karte nicht sehen konnten, ist der Höhenunterschied von der Hauptstraße zur Küste. In einer Schussfahrt geht es hinunter zu einem kleinen, sehr hübschen Ort mit kleinem Hafen und schönen Cafés. Wir bekommen weitere Infos von S., jedoch nur von den Orten, an denen wir hätten anhalten sollen: Santillana mit seinem uralten Dorfkern und die Höhlen von Altamira. Das hätte er mal zwei Tage eher erzählen sollen.
Nach zwei Drinks haben wir genug und wir verabschieden uns. Nach einem knackigen Anstieg (geschätzte 14% Steigung) haben wir mehr als die zwei Drinks wieder ausgeschwitzt. Noch zweimal an diesem Tag hupt es neben uns, aber der S. mit seiner Frau winken nur, ohne anzuhalten.
Es folgt die Strecke der Brücken. Bestimmt 100 m hoch über den Buchten folgt eine Brücke der anderen. Der Ausblick ist besonders schön, weil die Geländerhöhe maximal Sattelhöhe hat. Das Ganze bei tollem Seitenwind und LKWs, die einem das Gefühl eines Orkans geben, wenn sie nur einen halben Meter entfernt mit hoher Geschwindigkeit vorbeirasen. Ich habe immerhin die Hoffnung, dass zumindest mein Fahrrad oben bleibt, wenn ich von der Brücke gepustet werde. Sven gibt sich mit dieser Hoffnung nicht zufrieden und fährt, weit nach vorn übergebeugt in höllischem Tempo, möglichst in der Mitte der Brücke, an mir vorbei: Lieber vom LKW überrollt, als 100 m in freiem Fall.
Durch das neue Tempo beflügelt beschließen wir, nicht in Luarca abzusteigen, sondern bis Navia weiter zu fahren. Dies ist wieder ein Fehler, da wir wohl dadurch die hässlichste Stadt an der spanischen Atlantikküste kennengelernt haben. Deshalb gönnen wir uns ein 3-Sterne Hotel (ein anderes Hotel haben wir auch nicht gesehen. Später haben wir noch ein 2-Sterne Hotel gesehen, dem wir höchstens 1 Stern gegeben hätten). Nachdem wir den Ort ausgiebig vermorgenländert hatten, entscheiden wir uns für die angesagte Dorfkneipe und versorgen uns mit Cana und Tapas. Als sich der Laden leert, gehen wir weiter über den Dorfgrill (zwei riesige Hamburger und ein großes Bier) zum Dorfrestaurant, um endlich etwas zu essen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Unser Hunger ist plötzlich nicht mehr so groß, so dass wir eine Flasche Wein benötigen, um das Essen herunterzuspülen. Jetzt ist der Ort auch gar nicht mehr so hässlich und wir sind froh, in dem schönen Navia abgestiegen zu sein, obwohl hier gar keine Chance besteht, ein Mitbringsel zu besorgen. Es droht allmählich der Flughafen-Shop.
Die letzte Etappe nach Ribadeo kann beginnen. Das Wetter meint es zum Abschluss nicht so gut mit uns: Es ist bewölkt und wir haben zum ersten Mal auf dieser Tour Gegenwind. Aber sonst läuft alles glatt: Wir kommen nach Ribadeo und laufen genau auf den Busbahnhof zu. Unsere Angst, dass die Fahrräder nicht mitgenommen werden können, bestätigt sich nicht. Während der Wartezeit treffen wir Bruce (US-Amerikaner) und Graham (Kanadier)im Café. Wir geben den beiden Tipps für ihre Reise, soweit wir uns erinnern können, da sie die gleiche Strecke in anderer Richtung fahren wollen, die wir gerade hinter uns gebracht haben. Die beiden erzählen uns, dass sie sich über die Internetplattform touring@phred.org kennen gelernt haben.
Die Busfahrt nach Lugo klappt ohne Probleme. Wir sind doch ganz froh, dass wir uns entschieden hatten, die 80 km nicht per Fahrrad zurückzulegen. Dank Svens Spanischkenntnissen (irgendetwas von 2x rechts) finden wir Europcar auf Anhieb. Da das Büro erst um 16.30 Uhr wieder besetzt ist, fahren wir noch einmal in die Innenstadt von Lugo, die von einer kompletten Stadtmauer umgeben ist.
Per Auto in Richtung Bilbao klappt alles hervorragend. Wir haben uns entschlossen, von diesen herrlichen Salamis mehrere Sorten als Mitbringsel zu kaufen. Bis zu unserem Hotel auf halbem Weg nach Bilbao sehen wir leider weder einen Supermarkt, noch eine Ansammlung von Häusern, die man als Dorf bezeichnen könnte.
Direkt an der Autostrada, mitten in der Pampa, haben wir einen netten Abschlussabend. Am nächsten Morgen starten wir zwei Stunden früher, um noch in Bilbao unsere Salamis zu besorgen. Nach einigem Generve finden wir tatsächlich noch ein Eros Center und unsere heißgeliebten Salamis.
Rückflug erfolgt ohne Probleme, Pappen für die Räder sind noch an unserem Lufthansa-Schalter. Wir genießen, wahrscheinlich ein letztes Mal, die VIP-Lounge in Bilbao und in Frankfurt.
Im Geiste teilen wir schon einmal die nächsten Etappen bis Gibraltar ein. Bis 2009 müsste es zu schaffen sein. Bis dahin müsste Nicola auch aus Neuseeland zurück sein. Dann können wir in der nächsten Woche schon einmal mit der Planung unseres triumphalen Einzuges nach Gibraltar beginnen.