X-Europe-Tour.com

2007 Villagarcía de Arosa bis Caldas da Rainha

| Keine Kommentare

11. Etappe

Anreise und 1. Tag

Die Anfahrt läuft völlig problemlos. Neu sind nur die Gebühren in Höhe von €  40,- pro Fahrrad und Flug. Dafür scheint keiner mehr überrascht, dass man ein Fahrrad mit dem Flugzeug transportiert. Der Flug über Frankfurt nach Madrid ist schon Routine, das Gepäck vollzählig vorhanden und nach einigem Suchen können wir auch den Leihwagen finden. Da es Sixt auch in Vigo gibt, können wir den Wagen am gleichen Tag dort wieder abgeben und die uns schon bekannte Strecke zum Bahnhof als Einstieg in unsere Fahrradtour genießen (es geht fast nur bergab). Bahnfahrkarten werden gekauft und es ist Zeit genug, um noch einen Café con leche und Schweinsohren in einem netten Cafe, windgeschützt durch drei Müllcontainer, zu genießen.

2007 Portugal 4

In Villagarcia angekommen, finden wir ein kleines Hotel, das hinter dem Tresen mit einem Gnom mit rudimentären Englischkenntnissen bestückt ist. Unsere obligatorische Frage nach Unterbringung der Räder beantwortet er nur mit einer wegwerfenden Handbewegung. Letztendlich bekommen unsere Räder aber eine Firstclass-Besenkammer zugewiesen.

Langsam stellt sich raus, was ich alles vergessen habe: Pappen und Klebeband für den Transport der Fahrräder, meine Kamera, Ventil-Nupsi und als Krönung beinahe die ganzen Landkarten im Leihwagen. Habe ich noch etwas vergessen aufzuzählen????


Ich beschließe, dass ich mich nicht darüber ärgere und wir genießen einen wunderschönen Sonnenuntergang am Yachthafen mit einem frisch gezapften Bier. Wechsel zur Nachbar-Bar, um etwas Nahrung aufzunehmen: Alle Gäste essen superleckere Croques. Wir haben den ganzen Tag nichts richtiges gegessen und bestellen freudig, ohne die Speisekarte richtig lesen zu können. Nachdem Sven seinen Croque verspeist hat, kommt mein Essen: 8 Kartoffelkroketten. Sehen zwar so aus, sind es aber nicht. Es sind kleine Bällchen mit Fischgeschmack. So abgefüllt beschließen wir am nächsten Tag erstmal 10 km zu fahren und dann zu frühstücken: Wie immer in Spanien: Café con leche mit Croissant. Nettes Cafe mit tollem Ambiente in der Altstadt von Coubados.

Mit Rückenwind geht es weiter. Sven legt los wie die Feuerwehr. Selbst bei kleinen Steigungen rauscht er an mir vorbei. Ist er gedopt? Hat Andrea ein Spezial-Aufbautraining mit ihm absolviert? Laut Sven war er nur 4 mal auf dem Rad und ich bin den ganzen Winter kaum vom Hometrainer runtergekommen. Erster Stopp nach dem Frühstück erst nach 60 km!!!! Ich bin völlig fertig. Wir entscheiden uns bei der Weiterfahrt für die Strecke direkt an der Küste, in der Hoffnung, dass wir dadurch die Berge umfahren können. Weit gefehlt: 400 Höhenmeter auf 25 km. In Cangas entdecken wir eine Fähre nach Vigo. Ich bin gerettet. In Vigo nehmen wir einen steilen Anstieg durch die Altstadt in Kauf, um ein schönes Café zu finden. An der Hauptstraße, umringt von bunten Kühen, lassen wir uns nieder und genießen Cola und Kaffee, natürlich con leche. Hotel in Sichtweite gibt uns die Möglichkeit, nach einer Dusche die Innenstadt zu erkunden. Nach einem Caipi und einer frozen Piña Colada entern wir ein Restaurant auf dem Weg Richtung Hotel. Trotz gutem Rotwein kann ich Sven in dieser Nacht nicht durch mein Schnarchen stören. Unsere Fahrräder dürfen im 1. Stock in der Lounge übernachten.

Das Frühstück nehmen wir wieder in dem Café gegenüber dem Hotel ein und freuen uns über den 2. Tag ohne Wolken. Die Sonnencreme wird immer wichtiger. Zunächst wird der Wasservorrat an der Tankstelle aufgefüllt. Als ich alles zur Kasse geschleppt habe höre in von der Tankwärtin nur ein für spanische Verhältnisse ungewöhnliches: „Alles?“. Ab geht es dann direkt an der Küste mit Rückenwind. Wir fliegen die nächsten 30 km mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 35 km/h. Wir rauschen auf die portugiesische Grenze zu und haben in Citania de St. Tegra Glück, dass wir das Schild für die Fähre sehen, die in unserer Karte nicht eingezeichnet ist. Nachdem wir zunächst im falschen Hafen (der Pinkelort hat zwei Häfen!!!) waren, scheint die Fähre nur noch auf uns zu warten und düst sofort mit uns los. So setzen wir nach Portugal über, sparen 30 km Umweg und bekommen noch eine Stunde geschenkt.

Heute haben wir einen richtigen Lauf. Daran glauben wir auch noch, als wir 50 km weiter schon von weitem sehen, dass die für uns notwendige, im Umkreis von 50 km einzige Brücke wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Die Umleitung ignorierend fahren wir auf die Brücke zu und sie ist tatsächlich für Fußgänger passierbar. Was soll uns heute noch schief gehen??? Voller Optimismus wird Póvoa de Varzim als Tagesendziel anvisiert. Der Rio Cávado stoppt unsere kühnen Träume. Bei Esposende verhindert ein Brückenneubau mit der entsprechenden Desvio, dass wir weiter an der Küste entlang kommen. Nachdem die Desvio direkt auf einem Autobahnzubringer endet, sind wir recht ratlos und Svens Laune geht mit 35 km/h in Richtung Tiefpunkt. Wir beschließen, ins Landesinnere zu fahren und dort bei Barcelos zu übernachten. Die Hotelsuche gestaltet sich als extrem schwierig, obwohl wir zum ersten Mal professionelle, deutschsprachige Hilfe in Anspruch nehmen. Durch die Hotel- und später Restaurantsuche lernen wir diesen Ort sehr gut kennen. Wir essen dann doch im Restaurant unseres Hotels, das direkt am Marktplatz steht, der noch die Überreste des Kreuzfestes darbietet.

Nach unserem ersten portugiesischen Frühstücksbüffet stellen wir fest, dass nichts über spanische Croissants mit einem schönen spanischen Café con leche geht. Für die Rückfahrt zur Küste nehmen wir kleine Nebenstraßen, die uns durch das ewige Auf und Ab ganz schön zu schaffen machen. Die Nebenstraßen in Küstennähe sind alle von erbärmlicher Qualität. Allmählich wird auch Sven etwas ruhiger  (lässt sein Doping nach?) und wir beschließen in Richtung Porto zunächst auf den größeren Straßen zu bleiben. Dies hätte sich fast gerächt, da wir plötzlich auf einer autobahnähnlichen, fünfspurigen Schnellstraße gen Porto fahren. Durch unsere mehrfachen Besuche in Porto können wir von der Autobahn flüchten und finden ohne Probleme zum Zentrum und zum schönsten Platz von Porto: Direkt am Douro unter der Eisenbrücke von Herrn Eiffel. Dort machen wir Rast und Sven erschreckt die Touris und verscheucht die Tauben durch eine völlig ohne Musik dargebotene Strip-Einlage. Thermometer steigt auf gefühlte 100 Grad, erst recht als wir auf der anderen Seite des Douro gleich hinter Sandemann den Anstieg auf einer Kopfsteinpflasterstraße in Angriff nehmen. Dank guter Karten und sensationeller Führung finden wir über kleine Straßen den Weg aus Porto hinaus und zur Küste. Dort legen wir den Rest der Tagesetappe durch ein Waldgebiet zurück, das uns sehr an die Etappe in Frankreich in Richtung Bordeaux erinnert. Insgesamt geht diese Etappe als die Kopfsteinpflasteretappe in die Geschichte ein.

Wir wollen in Ovar übernachten und fahren zunächst an die Küste und genießen bei herrlichem Wetter in einem Strandcafé einen Café con leche. Der menschenleere Strand und die tollen Wellen reizen mich, und während Sven den nächsten Kaffee schlürft, gehe ich ins Wasser. Als ich nach 15 Minuten zurückkomme, ist Sven tierisch sauer, weil die anderen Gäste ihn geweckt hatten, nur um mitzuteilen, dass das Baden hier lebensgefährlich sei. Da die Gäste fast kein Englisch sprachen, war es für Sven nicht einfach ihnen klar zu machen, dass er gar nicht baden gehen wollte.

Nachdem ich auch das überlebt habe, suchen wir uns in Ovar ein richtig tolles 4-Sterne Hotel mit Swimmingpool – Sven will schließlich auch mal baden.

Durch Hotelempfehlung finden wir ein tolles Restaurant. Nach drei Tagen auf dem Fahrrad sind wir jetzt richtig angekommen: Die Telefonate von Sven werden weniger und kürzer, seine Durchschnittsgeschwindigkeit hat sich wieder auf ein Normalmaß gesenkt, unsere Beine sind etwas kaputt, der Hintern tut wieder weh, die Gespräche werden intensiver (Pflege der Eltern, Lebensarbeitszeit und Lebensplanung) und wir genießen bei einem oder mehreren leckeren Weinen typische portugiesische Küche: Ente mit Reis und Dorade. Vorweg bestellt jeder eine Suppe. Die erste Suppe kommt in einer riesigen Terrine: Wir müssen jeder zweimal nachnehmen, damit der Topf leer wird. Als die zweite Suppe auch in einer großen Terrine ankommt ahnen wir schon, dass wir irgendetwas verkehrt gemacht haben könnten. Jedenfalls wird uns dieser Topf, nachdem wir aufgefüllt haben, sofort weggezerrt.

Der 4. Tag, wieder unglaubliches Wetter, wir nehmen es schon als normal hin. Unser Start ist sehr lahm. Wohl weil wir für heute nur 90 km eingeplant haben. Nachdem wir endlich aus dem Ort hinausgefunden haben geht es an flacher Küste entlang mit vielen Seen, so dass wir von beiden Seiten Wasser haben. Unser Risiko wird belohnt und wir bekommen eine Fähre, die uns 12 km Rückfahrt + 10 km Umweg erspart. Bei Aveiro sind am Strand richtige Luxus-Villen in Traumlage. Könnte man sich als Ferienhaus gefallen lassen. Der Wind hat leicht gedreht, so dass er nicht mehr von hinten kommt, aber es wird immer heißer. Bei Praia da Mira ruhen wir uns auf der Terrasse einer geschlossenen Strandbar aus, bis der durch die Videoüberwachung aktivierte Pächter uns verscheucht. Im Wald, bei mäßigen bis todbeschissenen Straßenbelägen, steigt die Temperatur auf 31 Grad – echte Prüfung für Mensch und Material –  und wir nörgeln zum ersten Mal auf der gesamten Tour-Atlantik über das zu heiße Wetter. Natürlich mit Folgen.

Der Abschluss der Etappe wird zum Highlight, da wir es wagen, den vor uns liegenden Berg auf der Küstenseite zu umrunden. Selbst auf meiner detaillierten Karte ist keine Straße mehr eingezeichnet. Doch auf einer Schotterpiste mit bis zu 14% Steigung schaffen wir die Umrundung und werden mit einem tollen Blick auf das Meer und einer grandiosne, steilen Abfahrt in unseren Zielort belohnt. Was macht es schon, dass wir am nächsten Tag feststellen, dass wir gar nicht in Figueira da Foz übernachtet haben, sondern in dem Ort davor: Buarcos. Das Hotel ist schnell ausgesucht: Es liegt genau neben einem Lidl: 2 Liter O-Saft und 2 Liter Flüssigjoghurt bringen uns nach der Hitze-Etappe wieder auf die Spur. Ein Zimmer mit Meerblick (auch vom Klo) lässt Urlaubsgefühle aufkommen. Abendessen erfolgt in einem landestypischen Restaurant: Kleine Tische, sehr eng und von einem überdimensionalen Fernseher zugedröhnt. Aber gutes Essen – wie üblich werden unaufgefordert Vorspeisen auf den Tisch gestellt, die nur abgerechnet werden, wenn man sie isst; aber wir lassen keinen Zipfel von den Oliven, Scampis oder der Tunfischcreme übrig – und nette Stimmung: Der Besitzer isst mit ganzer Sippschaft am Nachbartisch.

Jetzt haben wir den Salat: Aufgrund unserer Beschwerde (s.o.) ist das Wetter völlig umgeschlagen: Keine Sonne mehr, wesentlich kühler und Wind aus der verkehrten Richtung. Aus Frust und Entzugserscheinungen organisiert Sven erst einmal eine Telefonkonferenz mit DHoL. Nach wiederum mäßigem Frühstück à la Portugal radeln wir los und suchen die nächste Brücke. Dabei stellen wir dann endlich fest, dass wir noch gar nicht in Figuera da Foz übernachtet haben, sondern einige Kilometer davor in Buarcos. Also immer der Küste entlang, bis wir unsere Brücke entdecken: in 100 Meter Höhe über unsere Küstenstraße hinwegführend. Wir fahren also einige Kilometer Umweg um die Auffahrt zu finden und sind sehr erfreut, bei der Auffahrt ein Autobahnschild zu sehen: Jetzt können wir die verlorene Zeit schnell wieder einholen. Zum Glück wird die Autobahn nach 500 Metern zur Schnellstraße, so dass die Fahndung nach 2 verrückten Fahrradfahrern wieder eingestellt wird. Auf der Brücke entscheide ich dann, dass ich mein Fahrrad über die Leitplanke hebe, um weiter auf dem schmalen Fußweg zu fahren. Sven ist eher der Meinung, dass er lieber von einem riesigen vekolo longo überfahren werden will, als aus 100 Metern in den Abgrund zu fallen.

Um die Startverzögerung wieder wett zu machen, folgen wir die nächsten 25 Kilometer der Hauptstraße. Dann geht es wieder über kleine Nebenstraßen in Richtung Küste. Wir machen Rast bei einem kleinen Bahnhof und können gleich die Abfahrtszeiten für alle weiteren Bahnhöfe einsehen. Dabei stellen wir fest, dass wir mindestens bis Caldas fahren müssen, um wenigstens um 21.30 Uhr in Lisboa zu sein. Eine kleine Chance besteht noch, dass wir einen Zug eher bekommen. Dafür müssten wir aber richtig Gas geben. Nach den ersten Kilometern auf extrem schlechtem Untergrund ist diese Hoffnung schon verraucht. Kurze Mittagspause in Praia de Vieira. Den Namen können wir schnell wieder vergessen, ein hässlicher Ort.

Eigentlich wollten wir am letzten Tag keine so lange Etappe machen, deshalb versuchen wir in dem sehr bekannten Badeort Nazaré mit dem Bus nach Lisboa zu kommen. Das scheitert aber an den Fahrrädern und einem extrem blöden Schaffner. Jetzt wissen wir, dass wir nach geschafften 90 km bei eher Gegen- als Rückenwind noch weitere 20 km fahren müssen. Und das auf jetzt bergigen Strecken.

Aber unser Glück hat uns nicht verlassen: Obwohl es den ganzen Tag bedeckt war, hat es nicht geregnet. Zusätzlich wurden wir auf der letzten Etappe durch die Berge vom Gegenwind befreit, ohne dass die Straße über die Berge führte. So können wir die letzte Etappe leicht und locker ausklingen lassen und haben für Caldas nur noch jeder einen Wunsch: Sven – Lidl und Frank – MCD.

Die Bahnfahrt über 1,5 Stunden lässt uns nicht ganz ruhig schlafen, da der Schaffner uns nur Tickets bis zur Stadtgrenze (Sintra) verkaufen konnte, da der Anschlusszug als U-Bahn keine Fahrräder transportiert. Weil die Alternative noch einmal 30 km Fahrrad zu fahren keine ist, müssen wir also ohne Ticket nach Lisboa in Richtung Flughafen fahren. Nachdem wir uns Fahrrad fahrender Weise versichert haben, dass der Flughafen noch existiert, suchen wir uns ein Hotel auf dem Expo-Gelände. Wir nehmen natürlich das billigste 5-Sterne Hotel,  übernachten im 13. OG und haben um 23 Uhr noch einen netten Imbiss in der Lounge.

Nachdem tatsächlich der Schlüssel für die Abstellkammer gefunden wurde, bekommen wir unsere Fahrräder wieder und fahren den kurzen Anstieg zum Flughafen und freuen uns über die Senator-Behandlung, die uns jedoch auch nicht von den €  40,- pro Fahrrad Transportkosten befreien kann.

Jetzt ist es amtlich: Wir werden 2009 in Gibraltar eintreffen. Alle Reisewilligen sollten jetzt informiert werden, damit der Mai/Juni 2009 schon mal geblockt wird.

Galerie

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.